Es gibt eine seltene psychische Störung, die Dank des medizinischen Fortschritts sehr gut erforscht ist. Das ist insofern verwunderlich, da die Psychologie sich erst sehr spät als eigene Wissenschaft durchsetzen konnte. Obgleich das Interesse stets groß war, fehlte es lange Zeit an Anerkennung wie auch an Fördermitteln.
Um so bemerkenswerter ist es, dass der französische Mediziner Jules Cotard (* 1. Juni 1840; † 19. August 1889) bereits vor Beginn des 19. Jahrhunderts bemerkenswerte Ergebnisse lieferte.
Der Pariser Neurologe und ehemalige Militärchirurg entdeckte das nach im benannte Cotard Syndrom. Es trägt auch den Namen nihilistischer Wahn und ist gekennzeichnet von einem sehr interessanten klinischem Bild. Die betroffenen Personen sind zutiefst davon überzeugt, dass sie selbst respektive ihre Seele tot sei. Ein weiteres Charakteristikum stellt die innere Überzeugung des Betroffenen dar, er hätte Körperteile verloren. Diese sind jedoch bei Blickkontakt sichtbar und voll funktionsfähig.
Die seltene psychische Störung wird den Denkstörungen zugeordnet. Es handelt sich hierbei weniger um eine eigenständige Erkrankung als um ein Symptom einer vorhandenen Störung. Die Beschwerden werden den Wahnvorstellungen zugeordnet und fallen unter die affektiven oder schizophrenen Erkrankungen.
Die schwere Hirnerkrankung zeigt sich bei bipolaren Störungen und konnte in einigen Fällen auch bei Menschen festgestellt werden, die an einer Migräne leiden.
Im Alltag hat das Krankheitsbild zur Folge, dass die Betroffenen in einem permanenten Gefühl zwischen Leben und Tod wandeln. Sie glauben, dass sie sich in einem Körper befinden, der organ- und blutlos ist oder bereits verfault. Das vorhandene Gefühl wird über die Zeit immer intensiver. Letztlich sind die Patienten der festen Überzeugung, dass sie nicht mehr existieren würden. Der eigene Körper erscheint wie dem Betroffenen selbst wie tot. Die Teilhabe am sozialen oder gesellschaftlichen Leben sinkt auf ein Mindestmaß, bis es gar nicht mehr vorhanden ist.
Als Folge zeigen sich kaum noch menschliche Bedürfnisse. Das Verlangen nach einer Nahrungsaufnahme ist wie ausgelöscht. Hunger oder auch Durst verspüren die erkrankten Menschen häufig nicht mehr. Über Jahre vegetierten sie häufig dahin und führen ein Geisterleben. Sie sind auf die Hilfe von anderen Menschen zwingend angewiesen, damit sie an den Folgen nicht versterben.
Therapierte Patienten berichten rückblickend, dass sie sich in einem zombiegleichen Zustand eines Halbtoten befanden, aus dem sie keinen Ausweg sahen oder anstrebten.
Quelle: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/12011289